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Freiheit und Angst

In einem Interview der ZEIT mit Joachim Gauck, dem heute unterlegenen Kandidaten für das deutsche Bundespräsidentenamt, finden sich einige Passagen, die treffend etwas von dem ausdrücken, warum ich mich in der jüdisch-christlichen Tradition beheimatet fühle. Er sagt: “ Mir standen auf verschiedenen Etappen meines Lebens Worte zur Verfügung, die Menschen dazu brachten, den eigenen Kräften neu zu vertrauen oder sich von Ängsten zu verabschieden.“ So möchte ich unsere Tradition, meinen Glauben ins Spiel bringen – in Worten, die Ängste vertreiben und Kräfte freisetzen.

Auf die Frage, was für ihn konservativ heisse, antwortet Gauck: „Ich stehe in einer Tradition, wonach die Menschen, seit es die Schrift gibt – vielleicht sogar noch länger –, darüber Rechenschaft abgelegt haben, was der Sinn des Daseins ist. Als ein glaubender Mensch übernehme ich diese Werte aus einer jüdisch-christlichen Tradition. Das habe ich nicht erfunden, das hat keiner der Gegenwärtigen erfunden.“

Was das für ihn heisst, beschreibt er dann so: „Ich glaube, dass Menschen überhaupt nicht davon satt werden, wenn sie nur materiell satt gemacht werden. Sie werden glücklich – und das meine ich in diesem Falle mit »satt« –, wenn sie sich als Bezogene definieren, wenn sie Freiheit als Freiheit für etwas und zu etwas definieren.“ Weil es Sinn nicht einfach gibt, sondern Sinn immer neu entsteht, wo wir uns in Beziehung erleben, zu Gott und zu den Menschen, darum ist echte Freiheit niemals absolute, beziehungslose Freiheit, sondern immer die Freiheit, sich an etwas zu binden und in Beziehung zu treten, für etwas Verantwortung zu übernehmen. Sinn entsteht nicht dadurch, dass ich mir alle Optionen offenhalte, sondern dadurch, dass ich Optionen ergreife, weil sie für mich Sinn machen.

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